überwachung

Don't cross tracks Kulturpolitik, die – mit erstaunlichen Parallelen zum literarischen Wunderland – seit geraumer Zeit auf ähnlich phantastische Weise vor allem die Unzuverlässigkeit von politischer Gestaltung und Kommunikation zum Vorschein bringt, weiß in Österreich aus ihrer selbst verschuldeten Daseinskrise keinen Ausweg mehr.
Die studentischen Proteste im Herbst 2009 dienten dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) als Anlass für weitreichende Ermittlungen. Nachdem Ende Juni des Folgejahres zwei Mistkübel vor einem AMS-Gebäude im 5. Wiener Gemeindebezirk brannten, wurden vier Aktivist_innen aus dem #unibrennt-Umfeld für mehrere Wochen inhaftiert.
Erst kürzlich – und schön langsam muss ich mich fragen, wie oft ich diese Kolumne mit einem Geständnis beginne – ertappte ich mich dabei, wie ich mein Handy aus der Tasche fischte und es mit einem kurzen Zögern auf den Schreibtisch legte. Ich war auf dem Weg zu einer Solidaritätsdemo gegen den §278. Es war das erste Mal, dass ich mein Handy bewusst zu Hause liegen ließ, manchmal passiert mir das zwar einfach (Vergesslichkeit in Ehren) und ein andermal ist gar
Ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge überfliegen die Stadt auf der Suche nach unsozialem Verhalten. Sprechende Kameras rufen – mit Kinderstimmen – Menschen, die Abfälle auf die Straßen werfen, zur Ordnung auf. Bildern aus Videoüberwachungsanlagen werden biometrische Daten entnommen, um PassantInnen über ihr Gesicht oder ihren Gang zu identifizieren.
Es ist nichts sicherer, als dass wir sie brauchen, die Sicherheit. So sicher, wie uns vielleicht schon bald doch noch ein Spionagesatellit auf den Kopf fallen wird.
„Das Unsichtbare sehen“ aber bedeutet einen Blick einzurichten, der auf der Oberfläche der Erscheinungen etwas zu „lesen“ weiß, was diese Erscheinungen nicht unmittelbar preisgeben und zwar, um ein spezifisches Wissen zu konstruieren, das es vermeidet, von jenen, die sich wirkungsvoll tarnen mögen, getäuscht zu werden.
Im Kontext einer allgemeinen Militarisierung des Alltagslebens, einer beispiellosen Ausweitung der offiziellen Überwachung und einer Aushöhlung von grundlegenden zivilen und demokratischen Rechten, gibt es eine deutliche internationale Tendenz, die etablierten Formen von Dissens und Protest zu kriminalisieren und zivilen Ungehorsam und direkte Aktion als „Terrorismus“ neu zu kategorisieren.
In den aktuellen Ermittlungen der bundesdeutschen Ermittlungsbehörden gegen linke AktivistInnen und Zusammenhänge wird auf den Paragraphen 129a zurückgegriffen, der in den 1970er Jahren als Repressionsinstrument gegen die RAF entwickelt wurde. Strafrechtlich verfolgt werden können damit nicht nur konkrete Straftaten, sondern auch die Mitgliedschaft in und die Unterstützung von sogenannten „terroristischen Vereinigungen“.
Wir widmen uns in dieser Ausgabe jenen Facetten staatlicher Gewalt, die nicht nur als „Faust aufs Aug“ daherkommen, sondern als Beschnüffelung, als Einschüchterung, als Repression, auch durch das Wieder-in-Stellung-bringen von Gesetzesparagraphen, die einer „Inneren Sicherheit“ zuarbeiten.
Sicherheit ist mittlerweile zu einem zentralen ökonomischen, gesellschaftlichen und politischem Thema geworden, das tief in die Sphäre von Kunst und Kultur hineinreicht und zunehmend auch im Brennpunkt des Interesses von Studien zu Internationalen Beziehungen und militärischen Strategiedokumenten steht.
Wird eine für das staatliche Gewaltmonopol so zentrale Einrichtung wie das Gefängnis zur Privatisierung frei gegeben, lässt sich daran auch die Frage nach dem Einflussverlust des Staates erläutern. Ist das Gefängnis immer noch ein – mit einem Begriff Louis Althussers beschriebener – “ideologischer Staatsapparat” und damit nach wie vor gesellschaftskonstituierend? Oder ist es als privatisierte Einrichtung viel mehr eine unter vielen Institutionen gegenwärtiger Gouvernementalität?
Ein Ort wie das Gefängnis ist eine Institution, die ein integraler Bestandteil gesellschaftlicher Herrschaft und Macht ist. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn heute in liberaldemokratischen Gesellschaften Gefängnisse wie Konzerne geführt werden. Und mittlerweile ist in fortgeschrittenen Ökonomien eine private Gefängnisindustrie entstanden, in der die Arbeitskraft von Gefangenen mit Niedrigstlöhnen honoriert wird.