kulturrisse 04/07

Einen Überblick über die freie Medienszene in Oberösterreich, deren Geschichte und deren Perspektiven zu zeigen, kann naturgemäß nur schlaglichtartig erfolgen, ohne Systematisierung und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, weil das diesen Rahmen sprengen würde. Holzschnittartig, weil eine echte Differenzierung vermutlich den Blick dermaßen zerstreuen würde, dass er im Nebel der Vielzahl der Erzeugnisse gar nichts mehr fassen könnte. Und ein solcher Überblick an diesem Ort kann nur die jüngere Geschichte betrachten, alles andere wäre Forschungsgegenstand der Zeitgeschichte, die jedoch einen großen weißen Fleck auf diesem Feld aufweist.
Die Stadt Linz verändert sich rasant. Beispiele? Solarcity, Bindermichl, Bahnhofsviertel inkl. Skyline, Kulturmeile, Wienerstraße, Frachtenbahnhof und so weiter. Stadtteile werden aus dem Boden gestampft, abgerissen oder erneuert. Doch die Eingriffe in das städtische Leben geschehen nicht nur auf einer Ebene der architektonischen Stadtplanung, zwischen Gentrifizierung und Kulturbautenhype. Zu den direkten Folgen kommen reaktionäre Sperrstundenregelungen, Verdrängung von SandlerInnen, Vertreibung der Bahnhofspunks, Plakatierverbote, ...
Wem gehört die Stadt? Wer bestimmt, wie sie auszusehen hat? Wer hat das Recht zur Bewirtschaftung ihrer Oberfläche? Was macht ein kommerzielles Werbeplakat schöner, besser, sauberer als ein Veranstaltungsplakat einer kleinen Kulturinitiative? Streiten wir hier über Geschmack?
Der rassistische Verstand aber erklärt diese Art von Vielfalt für unwesentlich und für unveränderlich. Er sieht in den Männern dasselbe wie in den Frauen, in den Kindern dasselbe wie in den KulturproduzentInnen, nämlich den „Ausländer".
Nach 100 Tagen documenta 12 heißt es in der Pressemitteilung vom 23. September 2007 unter der Überschrift „Engagierte Kunstvermittlung – 7.635 Führungen“: Ob diese Ausstellung ihrem Anspruch gerecht geworden ist, ein Publikum im mehrfachen Sinn des Wortes zu bilden, lässt sich kaum objektivieren.
Ich lebe seit fünf Jahren in Österreich und begann erst vor circa zwei Jahren, am hiesigen Kulturbereich aktiv teilzunehmen – und zwar durch meine Arbeit bei maiz, dem autonomen Zentrum von und für Migrantinnen in Linz, als Koordinatorin des Online-Magazins MigraZine, das sich besonders auf Kultur konzentriert, mit dem Ziel einer Demokratisierung von Informationen für MigrantInnen.
Völlig außer Acht gelassen werden die im Kunstbereich absolut typischen unterschiedlichen Arbeitsverhältnisse, die im Laufe eines Jahres nach- oder nebeneinander passieren: Vorübergehende Anstellung, neue Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit.
Auch die regulären Arbeitsverhältnisse sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Zumindest in den Institutionen des Kunstbetriebs – in den (Musik)Theatern, Konzerthäusern, Ausstellungsinstitutionen sowie in der unüberschaubaren Vielzahl an kleineren NGOs – nimmt die Qualität der Arbeitsbedingungen kontinuierlich ab.
Es steigen zwar die Budgets bei manchen Einrichtungen im Kulturbereich gewaltig an, aber bedeutet dies gleichzeitig eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für KünstlerInnen?
Kunst und Kultur zu rezipieren kostet Geld – und auch wenn sie groß „für alle“ ausgeschrieben sind, ist doch nur an „manche alle“ gedacht.
Alles in allem wurde die WAZ in den einzelnen südosteuropäischen Ländern so etabliert, dass sie der tatsächliche oder potenzielle Monopolist – jedenfalls der stärkste Medienspieler auf diesem Markt – wurde.
Das ist die Norm einer Gesellschaft, in der das heuchlerische Gerede über Bildung ihr eigentliches Hintergehen im Namen des schnellen Gewinns mit minimalen Investitionen kaum verbirgt. Diese Realität ist nicht unbedingt etwas „typisch Bulgarisches“, doch zeigt das bulgarische Beispiel am krassesten den ideologischen Gehalt der Lissabon Strategie-Schwüre um die „Wissensgesellschaft“, die offensichtlich nur für jene zugänglich ist, die von Geburt aus die Chance haben, in das Bildungssystem eines reichen Landes eingebunden zu sein.