Die neuen Rechten in Europa

Peter Bathke / Anke Hoffstadt (Hg.): Die neuen Rechten in Europa. Zwischen Neoliberalismus und Rassismus. Köln: PapyRossa Verlag 2013

Ein top-aktuelles Thema, mit dem sich ein Sammelband im Anschluss an eine Tagung im November 2011 in Mainz-Kastel der Rosa Luxemburg Stiftung Rheinland-Pfalz beschäftigt: „Die neuen Rechten in Europa. Zwischen Neoliberalismus und Rassismus.“ Tritt doch gerade jüngst ein rechts-populistisches Phänomen in Erscheinung, das sich fernab von Antisemitismus und „Hass auf das Fremde“ verortet. Solchen neuesten Strömungen des Rechtspopulismus widmet sich der Band jedoch leider kaum: Im Zentrum stehen Kapitalismuskritik, neoliberale Globalisierung, offener Rassismus und Strategien für linke Gegenbewegungen.

Die Herausgeber_innen Peter Bathke und Anke Hoffstadt setzen sich ein hohes Ziel: „Die Tendenz zum Erstarken der Rechten in Europa ist umkehrbar!“ Dementsprechend gemischt ist der Band im Stil: Er reicht von einem wissenschaftlich-analytischen Duktus bis hin zum essayistischen (zum Beispiel Sergio Muzzupappa, Kerstin Köditz, Michael Zander oder Maike Zimmermann). So mancher Artikel liest sich wie ein internes Positionspapier der Partei DIE LINKE (zum Beispiel Ulrich Maurer). Diese Tendenz kann nicht verwundern, waren oder sind doch viele der Autor_innen Funktionsträger_innen dieser Partei.
Die Themen des Bandes erstrecken sich vom Zusammenhang von Neoliberalismus und Rechtspopulismus (Katrin Raimer, Herbert Schui), über Entzivilisierung (Werner Seppmann) und Militarisierung (Claudia Haydt), bis hin zu Gegenstrategien der „humanistischen Gesellschaft“ (Andrej Hunko) und „radikalen Alternativen“ (Florian Wilde).

Gewinnbringend lesen sich die Skizzen zu konkreten nationalen Fallstudien, wie zum Berlusconismus von Karin Priester – einer der gelungensten Artikel  –, zum Phänomen Wilders in den Niederlanden (Arjan Vliegenthart, Hans van Heijningen) oder zum Sarrazynismus in Deutschland (Christoph Butterwegge).
Ein Highlight stellt Alexander Häuslers Darstellung der Verschränkung von Muslimfeindlichkeit, Anti-Multikulturalismus und Kommunismusangst im Rechtspopulismus dar. Vor allem seine Darstellung von Demokratisierungstendenzen einer modernisierten Rechten gibt einen Einblick in die Neuausrichtung des Rechtspopulismus. Am Ende des Bandes wird ein angenehm lesbares Podiumsgespräch zum Thema „Gegenstrategien linker und demokratischer Kräfte“ abgedruckt – es diskutieren Thomas Wagner, Richard Gebhardt, Alexander Häusler, René Monzat und ein Vertreter der autonomen antifa.

Den Theorieartikeln fehlt es leider oft an Fundierung oder kritischer Hinterfragung  – aktuelle Entwicklungen werden stellenweise einfach postuliert, wie zum Beispiel „der selbst verordnete Realitätsverlust spätkapitalistischer Gesellschaften“ oder deren „Verformung menschlicher Persönlichkeitsstrukturen“ (Seppmann), und es wird nicht eindeutig klar, in welchem Verhältnis Neoliberalismus und die neue Rechte stehen. Wünschenswert wäre hier auch eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem Populismusbegriff gewesen (zum Beispiel im Artikel von Sven Schönfelder), der sich nicht immer auf rechte Positionierungen be-schränken lässt und gerade in Bezug auf den „hypothetischen Volkswillen“ einen generativen Aspekt des Politischen schlechthin darstellt. Auch der Wunsch nach Führungspersönlichkeiten ist kaum auf rechtspopulistische Parteien reduzierbar (Schönfelder).

Wiewohl durchaus interessante Einblicke in aktuelle rechtspopulistische Bewegungen geboten werden, wären insgesamt eine strengere Auswahl und eine schlankere Version des Sammelbandes von Vorteil gewesen. Zu viele Artikel beziehen sich auf das Breivik-Attentat 2011 und die Debatte um Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“, hingegen fehlt die Analyse von subtileren Trends , wie dem Ausweichen von Zentrumsparteien nach rechts oder den neuen identitären Jugendbewegungen.

Peter Bathke / Anke Hoffstadt (Hg.): Die neuen Rechten in Europa. Zwischen Neoliberalismus und Rassismus. Köln: PapyRossa Verlag 2013

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