Öffentlich steuern – privat Absetzen

Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an Kunst und Kultur ist eine komplexe Materie, die es schwer macht eine allgemein gültige Position zu beziehen. Eine Positionierung ist deshalb meist & nur in Bezug auf eine konkrete Situation sinnvoll. Dabei gilt es vorweg festzuhalten, dass es tatsächlich um Spenden und nicht um Sponsoring geht, denn Sponsoring ist als Werbeausgabe/Betriebsausgabe ohnehin absetzbar und wird wie alle anderen betrieblichen Kosten

Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an Kunst und Kultur ist eine komplexe Materie, die es schwer macht eine allgemein gültige Position zu beziehen. Eine Positionierung ist deshalb meist  nur in Bezug auf eine konkrete Situation sinnvoll. Dabei gilt es vorweg festzuhalten, dass es tatsächlich um Spenden und nicht um Sponsoring geht, denn Sponsoring ist als Werbeausgabe/Betriebsausgabe ohnehin absetzbar und wird wie alle anderen betrieblichen Kosten behandelt1. Wie sehr sich demnach die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden tatsächlich auf die Finanzierung von Kunst und Kultur auswirkt ist aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen und hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Einer der wichtigsten dabei ist, ob es in einer Gesellschaft eine Kultur des Spendens gibt, wie etwa in den USA oder auch in Großbritannien. In Österreich gab es eine solche Kultur zweifelsohne im 19. und auch noch im beginnenden 20. Jahrhundert.  Seit dem 2. Weltkrieg haben das private Engagement und die private benevolente Finanzierung von Kultur stark abgenommen und erst in den letzten Jahren durch das verstärkte Auftreten von Crowdfunding-Plattformen neue, wenngleich auch eine quantitativ geringe, Relevanz bekommen.

 

Die drei folgenden Positionen beginnen mit einer allgemeinen Verortung auf einem theoretischen Level, die existierende Rahmenbedingungen weitgehend ignoriert und sich mit dem Problem grundsätzlich auseinander setzt. Die Positionen zwei und drei nehmen auf spezifische Situationen Bezug, mit denen wir uns in Österreich und auch in vielen anderen europäischen Ländern derzeit auseinandersetzen müssen.

 

Position 1: Wenn es sich vermeiden lässt ...

 

Aus einer allgemeinen ökonomischen und politischen Sichtweise gibt es gute Gründe die steuerliche Absetzbarkeit von Kunst und Kultur, beziehungsweise generell auch anderer NPOs abzulehnen. Wenn ein Staat auf Steuern verzichtet, dann ist das keine kostenneutrale Maßnahme, sondern der Verzicht auf Einnahmen. Dies ist gegenüber dem Einheben und Ausschütten von Steuern nur insofern günstiger, als die Administration des Steuerverzichts billiger sein kann als das Einnehmen und wieder Ausschütten. Das muss nicht der Fall sein und hängt immer von den konkreten Gesetzen ab, mit denen die Absetzbarkeit geregelt ist sowie von der entsprechenden Nachweispflicht und -kontrolle ab. Alles in allem ist es für ein Budget nahezu irrelevant, ob nun gleichermaßen mehr Geld eingehoben als ausgeschüttet wird oder ob gleich auf einen Teil der Einnahmen verzichtet wird. Kurz, die Annahme, die oft bei der Erhebung der Forderung nach steuerlicher Absetzbarkeit mitschwingt, nämlich, dass diese Maßnahme der öffentlichen Hand keine Kosten verursacht, ist schlichtweg falsch.

Das führt direkt zum zweiten Teil des Arguments, zur Frage nach dem Umgang mit öffentlichen Mitteln. Einer der zentralen Errungenschaften einer Demokratie sind transparente Verfahrensstandards, die Aufschluss darüber geben, wie die Mittel vergeben werden dürfen. In den öffentlichen Kulturförderstellen gibt es dazu Förderrichtlinien, in denen geregelt ist, wer unter welchen Umständen was und bis zu welcher Summe beantragen kann, wie die Entscheidungsfindung zustande kommt (Beiräte, Jurys, Beschlüsse etc.). Auf der anderen Seite belegt die öffentliche Hand ihre Entscheidungen über öffentliche Ausgaben in den jeweiligen Kulturberichten. Oftmals werden auch die Förderentscheidungen von Gemeinderäten und Landtagen beschlossen und sind auf diese Weise schon lange vor der Berichtslegung im Detail nachvollziehbar. Natürlich läuft nicht immer und auf allen Ebenen alles so transparent, wie es sich viele wünschen, aber letztlich sind alle Vorgänge demokratisch legitimiert und die Verantwortung ist PolitikerInnen und Parteien zuordenbar, sodass diese für ihre Tätigkeit wieder- oder abgewählt werden können. Auch wenn – bei aller gesellschaftlichen Relevanz – die Kulturpolitik nur in den seltensten Fällen tatsächlich ein Wahlergebnis verändern wird. Dennoch, das prinzipielle Argument besteht. Im Falle einer steuerlichen Begünstigung verschwimmt dieses Bild stark, da nach wie vor – zumindest teilweise – öffentliche Mittel vergeben werden, bzw. auf deren Einnahme verzichtet wird, aber es gleichzeitig kaum mehr transparente Verfahrensstandards gibt. Das Geld, das vergeben wird, ist teils öffentlich teils privat, die Entscheidung über die Vergabe ist aber vollständig privatisiert. In diesem Sinne kann die steuerliche Absetzbarkeit pauschal abgelehnt werden und folglich wäre die Forderung nach einer Erhöhung von Steuern und Abgaben zur Finanzierung von Kultur aber auch anderen gesellschaftlich relevanten Bereichen demokratiepolitisch leichter zu argumentieren.

 

Nun gibt es  natürlich auch bei der steuerlichen Absetzbarkeit Steuerungsmechanismen, die eine rein willkürliche private Vergabe relativieren oder einschränken und in den meisten Fällen gibt es hier auch mehr oder weniger explizite Vorschriften, sodass das oben skizzierte Argument ebenfalls relativiert wird, wenngleich deshalb nicht vollständig zusammenfällt.

 

Position 2: Wenn schon denn schon!

 

Position zwei ist für den Fall, dass es bereits eine steuerliche Absetzbarkeit in manchen Bereichen gibt und letztlich die Frage nach deren Ausweitung gestellt wird. Wenn zum Beispiel bestimmte Organisationen gelistet2 werden für die eine steuerliche Absetzbarkeit von Spenden möglich ist und für andere nicht, dann ist die Absetzbarkeit nicht nur eine Hilfe für die einen, sondern auch ein zusätzliches Erschwernis für alle, die nicht gelistet sind. Wenn die Bereitschaft besteht für Kultur zu spenden und im Falle von Organisation A können SpenderInnen die Absetzbarkeit geltend machen und im Falle von Organisation B nicht, dann wird Organisation B klar benachteiligt, da fast alle Spendenwilligen hauptsächlich gelistete Organisationen begünstigen werden. Daraus folgt, dass, im Falle einer existierenden steuerlichen Absetzbarkeit, egal ob im Kultur- oder im Sozialbereich, es im Sinne der Gleichstellung sinnvoll für ist, für eine generelle steuerliche Absetzbarkeit für den Kulturbereich zu argumentieren. Wenn dem nicht so ist, werden für Institutionen, die sich nicht auf jener Liste befinden, inakzeptabel hohe Eintrittshürden geschaffen. Was auf der einen Seite eine Hürde ist, ist auf der anderen Seite ein Steuerungsmechanismus. Die derzeitige Liste ist jedoch zu eng gefasst. Wenn es in Zukunft heißen könnte, dass alle jene die öffentliche Förderungen bekommen, auch automatisch Begünstigte von absetzbaren Spenden sein werden, so hat die öffentliche Hand immer noch einen Steuerungsmechanismus in der Hand, der alle Förderwürdigen Organisationen umfasst.

 

Darüber hinaus werden Spenden generell meist von größeren Organisationen angezogen, da sie zum einen oft über ein professionelles Fundraising verfügen und zum anderen, weil vor allem Großspender sich eher zu großen Institutionen hingezogen fühlen. Für Kulturinitiativen haben (Geld-)Spenden in der Vergangenheit meist eine sehr geringe Rolle gespielt.

 

Position 3: Umverteilung oder Geldkonzentration?

 

Zwar wurde in der ersten Position beschrieben, dass die steuerliche Absetzbarkeit die öffentliche Hand ebensoviel kostet wie Subventionen, jedoch muss bedacht werden, dass seit einigen Jahren und auch in den kommenden Jahren, die öffentlichen Budgets für Kunst und Kultur im besten Falle stagnieren. Das entspricht de facto einer jährlichen Verringerung um die Inflationsrate. Große Institutionen mit zahlreichen Angestellten, langfristigen Verträgen für Personal, Miete, Wartung, etc. müssen ihren Verpflichtungen dessen ungeachtet nachkommen. Viele dieser Kosten werden inflationär angepasst, auch die Gehaltsvorrückungen in den Dienstverträgen müssen bezahlt werden, was zur Folge hat, dass ein immer größerer Teil von real immer kleiner werdenden Kulturbudgets für diese kurz- und mittelfristig nicht variierbaren Kosten ausgegeben werden muss. Langfristig ist die Situation nur dann zu ändern, wenn einige Häuser und Institutionen zugesperrt werden und die daraus gewonnenen Mittel für andere kulturpolitische Zielsetzungen z.B. den Aufbau neuer Strukturen, für Nachwuchsprojekte etc. ausgegeben wird. Kurz, das Gewicht verlagert sich Jahr für Jahr selbst bei nominal gleichbleibenden Budgets langsam aber stetig hin zu den großen Häusern und Institutionen und weg von kleineren Initiativen und dadurch auch oftmals weg von einer jüngeren Generation. Die oft gehörte Mahnung an den Nachwuchs, sich nicht den Unwägbarkeiten privater MäzenInnen auszusetzen, zerschellt also an den Förderrealitäten.

Wenn also davon ausgegangen wird, dass die Zeiten steigender Kulturbudgets für die kommenden Jahre vorbei ist, dann muss auch die Frage gestellt werden, wie mehr Geld in die Kunst kommen kann und vor allem, wie auch eine jüngere Generation in den Genuss der Unabhängigkeit kommen kann, die es in den 1970er, 80er und 90er Jahren noch gab. Eine Möglichkeit neben anderen, ist hier die Spendenabsetzbarkeit. Zwar kostet die Maßnahme den Staat auch Geld, jedoch wird insgesamt mehr Geld ausgeschüttet, nämlich der öffentliche und der private Anteil. Die öffentliche Förderung hebelt somit auch private Gelder und kann die Gesamtausgaben für Kunst und Kultur heben. Das aktivieren privater Mittel ist in Zeiten stagnierender bzw. real sinkender Budgets der einzige Ausweg und die steuerliche Absetzbarkeit ein mögliches Werkzeug. Wie bereits erwähnt, sind es wiederum zumeist die großen Häuser, die einen Großteil der Spenden anziehen, da sie bereits etabliert sind und GeldgeberInnen wissen worauf sie sich einlassen und wofür das Geld ausgegeben wird, während kleinere und vor allem jüngere Initiativen wesentlich schwerer an private Gelder herankommen. Eine Strategie wäre es demnach steuerliche Absetzbarkeit breitflächig für Kunst und Kultur einzuführen und damit mittel- bis langfristig die Förderquoten der großen Häuser zu senken, um mehr öffentliche Gelder für eine jüngere Generation frei zu machen. Eine solche Politik würde jedoch ein akkordiertes kulturpolitisches Vorgehen auf mehreren Ebenen benötigen. Es ist auch notwendig bei einer solchen Maßnahme den großen Institutionen entsprechend Zeit zu geben um ihre Finanzierungsstruktur anzupassen. Letztendlich ist es aber auch eine Möglichkeit für die Kulturpolitik sich budgetäre Freiräume zu schaffen und aus dem Zustand der Mängelverwaltung herauszukommen.

 

Zu guter Letzt soll in diesem Zusammenhang nicht nur auf die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden hingewiesen werden, sondern auch auf die Neuregelung des Stiftungsrechts und die Notwendigkeit starke Anreize für gemeinnützige Stiftungen zu setzen.  Der Effekt eines auf Gemeinnützigkeit ausgelegten Stiftungsrechts würde sich auf die Finanzierung von NPOs vermutlich wesentlich stärker auswirken als die Absetzbarkeit von Spenden.

 

1 Ob eine Ausgabe tatsächlich als Sponsoring anerkannt wird oder nicht, ist oft schwer vorauszusagen. Genaueres findet man dazu in der Einkommenssteuerrichtlinien RZ 1643.

 

2 Eine solche Liste findet sich derzeit in Österreich auf der Seite des Finanzministeriums https://service.bmf.gv.at/Service/allg/spenden/show_mast.asp

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