Facetten weißgrüner Kulturpolitik

Die Landtagswahl in der Steiermark brachte eine Fortsetzung der „Großen Koalition“ unter einem neuen Kräfteverhältnis. Wir haben uns das Arbeitsprogramm genauer angesehen, um herauszufinden, ob wenigstens die Kulturpolitik neu ist und was die freie Szene in den nächsten Jahren neben FAIR PAY noch erwarten wird.

Die Landtagswahl in der Steiermark brachte eine Fortsetzung der „Großen Koalition“ unter einem neuen Kräfteverhältnis. Personell gibt es keine Veränderung. Christopher Drexler ist und bleibt der zuständige Landesrat für Kultur. Wir haben uns das Arbeitsprogramm genauer angesehen, um herauszufinden, ob wenigstens die Kulturpolitik neu ist und was die freie Szene in den nächsten Jahren neben FAIR PAY noch erwarten wird.

Im kurz gehaltenen Kapitel „Kultur und Volkskultur“ finden sich auf den knapp eineinhalb Seiten mehr Willens- und Absichtserklärungen als Konkretes. So möchte man beispielsweise die Internationalisierung der steirischen Kulturlandschaft und den Ausbau des Filmlandes Steiermark vorantreiben. Darüber hinaus wird eine stärkere Vernetzung von Kultur- und Bildungsinstitutionen angestrebt. Beibehalten wird auch die „STEIERMARK SCHAU“, das schon länger geplante Nachfolgeprojekt von Landesausstellung und Regionale. Diese soll ab 2021 alle zwei Jahre mit wechselndem Schwerpunkt in den Regionen stattfinden. In Punkto Förderungen heißt es nur wage, dass das Förderwesen ebenso wie die Verleihung zahlreicher Preise und die Vergabe von Artist-in-Residence-Stipendien bzw. Auslandsstipendien nach „Maßgabe der finanziellen Mittel“ ausgebaut werden soll. Ein Hinweis auf eine Reform des Landeskulturkuratoriums fehlt im Programm zwar, wurde aber von Drexler selbst in einem Interview mit der Kleinen Zeitung vom 07.02.2020 verlautbart und lässt zukünftig auf einen Förderungsvergabeprozess mit transparenten und nachvollziehbaren Entscheidungen durch Fachbeiräte hoffen. Erfreulich ist jedenfalls das Vorhaben, allen Steirer*innen – unabhängig von ihrem Wohnort und ihrem Einkommen –einen möglichst gleichwertigen Zugang zu Kunst- und Kultur bieten zu wollen. Für kleinere Kulturinitiativen ist die Teilnahme an der beispielhaft angeführten Aktion „Hunger auf Kunst- und Kultur“ oft nicht leistbar, weil sie auf jeden Euro Eintrittsgeld angewiesen sind. Um diese an sich vorbildliche und unterstützenswerte Initiative flächendeckend anbieten zu können, wäre eine Ausgleichsförderung notwendig.

FAIR PAY – Kultur könnte sich endlich auch in der Steiermark lohnen

Die Einführung von Honoraruntergrenzen und Mindestgagen im Kunst- und Kulturbereich ist derzeit in aller Munde. Erstmals wurde unsere langjährige Forderung nach FAIR PAY im Kultbereich auf Landesebene berücksichtigt. Die Landesregierung bekennt sich „zu den durch die Interessenvertretungen vorgeschlagenen Richt- und Mindestgagenmodellen wie Fair Pay.“ Es sollen Mindeststandards der Entlohnung geprüft werden. Ein erster Schritt, um die prekäre Lage der Kultarbeiter*innen in der Steiermark zu verbessern. Noch ist allerdings völlig offen, wann und vor allem wie Mindeststandards bei der Entlohnung von Kunst- und Kulturarbeiter*innen in die steirischen Förderstruktur implementiert werden sollen. Die weitere Vorgehensweise wird auch von den Entwicklungen in der Bundespolitik abhängen, denn die neue Bundesregierung plant, zusammen mit den Ländern und Kommunen eine gemeinsame FAIR PAY-Strategie zu entwickeln. Bei einer Befragung im Landtag am 11.02.2020 hat Kulturlandesrat Drexler deshalb bereits angekündigt, das Thema bei der Landeskulturreferent*innen-Konferenz als Tagesordnungspunkt einzubringen und sich schon vorab mit Kultur-Staatssekretärin Lunacek zu treffen. Geht es nach den Vorstellungen der Bundesregierung, soll die Einführung einer angemessenen und fairen Bezahlung für alle im Kulturbereich Tätigen ohne Ausdünnung des kulturellen Angebots passieren. Hoffentlich ist den handelnden Kulturpolitiker*innen auch bewusst, dass die Einhaltung von Sozialstandards Geld kostet! Wenn das kulturelle Angebot gleich bleiben soll, muss das Budget entsprechend erhöht werden, um die Kunst- und Kulturarbeiter*innen fair bezahlen zu können. In der Steiermark stagniert jedoch der Anteil der Freien Szene am Kulturbudget schon seit Jahren, und bisher wurden die Budgetkürzungen von 2012 und 2015, die insbesondere den freien Bereich betrafen, nicht kompensiert bzw. zurückgenommen. Bei den anstehenden Budgetverhandlungen wäre die nächste Gelegenheit dazu. Denn dass es auch anders geht, zeigen die Bundesländer Wien und Salzburg, die ihre Kulturbudgets kürzlich um jeweils 10% erhöht haben. In Salzburg ist zudem eine jährliche Valorisierung der Förderungen von 2% vorgesehen. Die Stadt Wien will das zusätzliche Geld in erster Linie zur Verbesserung der sozialen Lage der Kulturschaffenden einsetzen, statt zusätzliche Produktionen zu fördern.

Fazit

Die Durchsicht des Arbeitsprogramms offenbart, dass die Kulturpolitik der neu gewählten Landesregierung eine Fortschreibung der letzten Jahre sein wird. Durch Preise und Stipendien soll die Marktposition heimischer Künstler*innen verbessert werden, anstatt die freie Szene mittels indexangepassten Basisförderungen abzusichern. An Stelle der Stärkung der bestehenden Kunst- und Kulturinitiativen in den Regionen, die sich für die kulturelle Nahversorgung im ländlichen Raum verantwortlich zeichnen und einen nachthaltigen Beitrag zur Regionalentwicklung leisten, wird mit der STEIERMARK SCHAU lieber auf ein kurzfristiges Event gesetzt. Einzig beim Thema faire Entlohnung der Kunst- und Kulturarbeiter*innen nimmt die Steirische Kulturpolitik eine Vorreiterrolle ein, in dem sie sich als erstes Bundesland nach Wien zu FAIR PAY bekennt. Die Prüfung von Mindestgagenmodellen bietet die konkrete Chance, eine Verbesserung ihrer prekären sozialen Lage zu erreichen. Ob dies auch zum Wohle der freien Szene gelingen wird, hängt nicht allein von der Aufstockung der finanziellen Mittel ab, sondern auch von ihrer Einbindung bei Implementierung der Richtlinien selbst. Wünschenswert wäre es, wenn die Landesregierung mit den Kunst- und Kulturarbeiter*innen in einen Dialog tritt und durch einen breiten Beteiligungsprozess ein FAIR PAY-Modell erarbeitet und dieses anschließend umsetzt.