Acht große IMAG-Foren in eineinhalb Jahren …

Die IMAGs sind auf dem richtigen Weg. Die großen Würfe, die imstande sind, die soziale und ökonomische Lage sowie die Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten für Kunst- und Kulturschaffende in Österreich grundlegend zu verbessern, stehen noch aus.

Am 22. Juni 2010 zog der Kulturrat Österreich Zwischenbilanz über die Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG), deren konkrete Resultate kaum anders als mit „enttäuschend“ beschrieben werden können.

Seit April 2009 sind vom BMUKK und der Ministerin Schmied initiierte Prozesse zur Verbesserung der sozialen Lage der KünstlerInnen am Laufen. Weitere involvierte Ministerien sind BMASK, BM für Frauen und öffentlichen Dienst, BMWFJ, BMG, BMJ, BMI und BMF. Diverse Interessensgemeinschaften aus dem Kulturbereich, die im Kulturrat ein gemeinsames Dach haben, investierten viel Elan, Diskurs und Expertise in die Einbringung der Anliegen und Forderungen in diesen Prozess. Auf der Website des BMUKK lesen wir: „In die IMAG sind über 40 Institutionen, Verbände und Interessenvertretungen fix eingebunden, was einen intensiven Dialog auf Augenhöhe über die Probleme der Kunstschaffenden, das Beseitigen von Informationsdefiziten sowie das gemeinsame Erarbeiten von Lösungs- ansätzen ermöglicht. Acht Unterarbeitsgruppen beschäftigen sich mit den Themen Sozialversicherung, Arbeitsmarkt, Arbeitsrecht/Schauspielergesetz, Kunstförderung, Urheberrecht, Steuerliche Maßnahmen, Mobilitätsbarrieren sowie als Querschnittsmaterie Frauen in der Kunst. In den insgesamt bislang 35 Arbeitsrunden (9 Plenumsrunden, 26 Sitzungen der Unterarbeitsgruppen) lag der Arbeitsschwerpunkt im ersten Jahr auf den Bereichen Arbeitslosenversicherung und Arbeits- und Sozialversicherungsrecht sowie in der Erarbeitung von Maßnahmen in der Kunstförderung zur Abfederung der sozialen Lage der KünstlerInnen.“1

Im Gegensatz zu dem riesigen Aufwand und den gemeinsamen Anstrengungen lesen sich die konkreten Ergebnisse bisher enttäuschend kurz, ja, sie reduzieren sich im Endeffekt auf drei.

Kompetenzzentrum für die KünstlerInnen
„Durch die wechselnden Versicherungszuständigkeiten stellt es für KünstlerInnen oftmals eine besondere Schwierigkeit dar, Auskünfte und Unterstützung von kompetenter Seite zu erlangen. Einer der Eckpfeiler der vorgeschlagenen neuen Regelungen im KünstlerInnensozialversicherungs-Strukturgesetz (KSV-SG) ist daher die Schaffung eines Kompetenzzentrums bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als One Stop Shop, der zu Auskunftszwecken, aber auch zur Unterstützung der Kunstschaffenden etwa bei Erfüllung von Meldepflichten oder der Stellung von Leistungsanträgen dienen soll.“ (BMUKK) Die Einrichtung einer Beratungsstelle ist zwar begrüßenswert und mindert administrative Probleme, aber ändert noch nichts an der gesetzlichen Grundsituation. Der Kulturrat fordert längerfristig eine grundsätzliche Novellierung und – schon seit Jahren – die Umsetzung des Sofortmaßnahmenpakets zum Künstlersozialversicherungsfondsgesetz: kein Druck zur Verschiebung von Arbeitsverhältnissen Richtung Selbstständigkeit!

Möglichkeit zur Ruhendstellung der selbständigen Tätigkeit
„Im Gegensatz zu Gewerbetreibenden, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Gewerbeberechtigung bei ihrer Kammer anzeigen können, um auf diese Weise die Ausnahme von der Pflichtversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) zu bewirken, war es Kunstschaffenden bisher nicht möglich, die (einstweilige) Ruhendstellung ihrer selbständigen künstlerischen Tätigkeit zu melden, um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen zu können. Nach den neuen Regelungen des KünstlerInnensozialversicherungs-Strukturgesetz sollen KünstlerInnen als ‚Neue Selbständige‘ einen Antrag auf Ruhendmeldung ihrer künstlerischen Erwerbstätigkeit beim Künstler-Sozialversicherungsfonds stellen können, um für den Zeitraum des Ruhens der künstlerischen Erwerbstätigkeit Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung lukrieren zu können.“ (BMUKK)

Das Bemühen um eine generelle Verbesserung der Arbeitslosenversicherung darf nun nicht als erledigt betrachtet werden. Die Möglichkeit der Ruhendmeldung darf nicht die einzige Antwort auf die generell prekäre Situation der KünstlerInnen bleiben. Nach wie vor müssen wir uns für generell existenzsichernde Lösungen einsetzen! Wir werden weiterhin an der Umsetzung unserer Forderungen arbeiten: signifikante Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs, automatisierte Erhöhung der Notstandshilfe, Verkürzung der derzeit geltenden Anwartszeiten und vieles mehr. Neben den beiden in Aussicht stehenden Änderungen durch das KSV-SG steht noch ein Drittes an: Eine Novelle des von 1922 stammenden SchauspielerInnengesetzes ist ebenfalls in der Begutachtungsphase, wobei – soweit der frustrierende aktuelle Stand der Dinge – FilmschauspielerInnen auch weiterhin aus dem Geltungsbereich ausgeschlossen sein sollen.

Abschluss: Auch weiterhin …
„Die IMAGs sind auf dem richtigen Weg. Die großen Würfe, die imstande sind, die soziale und ökonomische Lage sowie die Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten für Kunst- und Kulturschaffende in Österreich grundlegend zu verbessern, stehen noch aus. Die Tätigkeit der IMAGs ist allerdings auf die gesamte Legislaturperiode hin angelegt, wie Ministerin Schmied betont. An Vorschlägen und Forderungen haben die Interessenvertretungen umfangreiche Pakete eingebracht, die Problemlagen sind weitgehend erörtert. Nun liegt es an den politischen EntscheidungsträgerInnen, die Arbeit an der Verbesserung der sozialen Lage der KünstlerInnen ernst zu nehmen und entsprechende Maßnahmen zu setzen.“ (Kulturrat Österreich)



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Kulturrat
IG Bildende Kunst

Ulli Fuchs ist Kulturarbeiterin und derzeit bei der IG Kultur Österreich im Rahmen der „Aktion 4000“ angestellt. Sie ist Mitglied der „Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe“.

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